VERKEHRSRECHT –

Entzug der Fahrerlaubnis

I. Grundinformation und Grundbegriffe
1. Unterschiede Fahrverbot – Entzug der Fahrerlaubnis

a) Fahrverbot
Dieses wird bei größeren Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr verhängt. Ein Fahrverbot ist für die Dauer von 1- 3 Monaten möglich. In diesem Falle bleibt die Fahrerlaubnis bestehen, es ist nur für die Dauer des Fahrverbotes verboten, ein Kraftfahrzeug zu fahren. Wer trotzdem fährt, wird mit einer Geld- oder sogar Freiheitsstrafe bestraft. In dieser Zeit wird der Führerschein verwahrt und nach Ablauf des Fahrverbotes wird der Führerschein wieder ausgehändigt.

b) Entzug der Fahrerlaubnis ( = sog. Führerscheinentzug)
Hier erlischt die Fahrerlaubnis endgültig. Es muss eine neue Fahrerlaubnis bzw. neuer Führerschein bei der Verwaltungsbehörde beantragt werden.
Mit dem Entzug der Fahrerlaubnis ist immer eine Sperrfrist (siehe unten) verbunden.

II. Führerscheinsperre

Wenn die Fahrerlaubnis entzogen wird, wird auch eine Sperrfrist verhängt. Diese Sperrfrist ist eine Mindestzeitfrist, d.h. der Richter hat angeordnet, dass vor Ablauf dieser Frist von der Verwaltungsbehörde (Führerscheinstelle) keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Es bedeutet aber nicht, dass die Behörde nach dieser Zeit die Erlaubnis erteilen muss, vielmehr prüft sie jetzt, ob die Voraussetzungen für eine Erteilung vorliegen. Jede weitere Entscheidung obliegt also der Führerscheinstelle

a) Dauer
Die Sperrfrist kann zwischen 6 Monaten und 5 Jahren betragen.

b) Erneute Führerscheinprüfung
Die Verwaltungsbehörde kann grundsätzlich immer eine Führerscheinprüfung vor der Erteilung der Fahrerlaubnis verlangen. In der Regel wird die Behörde jedoch darauf verzichten.
Wenn der Führerschein aber länger als zwei Jahre entzogen ist, muss die Behörde eine erneute Prüfung ( Theorie und Praxis) verlangen. Hier ist aber zu beachten, dass kein Mindestausbildungsprogramm, wie bei der ersten Erteilung, vorausgesetzt wird. Es müssen also keine Fahrstunden genommen werden. Es empfiehlt sich aber, ein bis zwei Stunden zu nehmen, damit man die Feinheiten wieder beherrscht, auf die bei einer Prüfung geachtet wird.

c) Wann kann man den Führerschein erneut beantragen ?
Zur Zeit kann die Fahrerlaubnis ca. 3 Monate vor Ablauf der Sperre beantragt werden.
Manche Verwaltungsbehörden lassen den Antrag auch früher zu.
Der Führerschein sollte möglichst früh beantragt werden, damit die nötigen Unterlagen besorgt werden können (z.B. MPU-Gutachten).

III. Medizinisch-Psychologische Untersuchung ( MPU )
1. Grundinformationen

a) Wer braucht eine MPU?
Immer wenn Zweifel an der Fahreignung bestehen, möchte die Verwaltungsbehörde eine MPU. Aber auch für manche spezielle Fahrerlaubnis ist eine MPU Voraussetzung.
Untersuchungsanlass kann z.B. sein:
- Alkohol am Steuer ist der häufigste Anlass und jetzt kommen immer mehr auch Drogenkonsum dazu.
Wer mehrmals wegen Alkohol am Steuer aufgefallen ist, muss zur MPU, aber auch bei einer Trunkenheitsfahrt mit mehr als 1,6 Promille ist eine MPU Pflicht.
- Beantragung einer Fahrerlaubnis zur gewerblichen Personenbeförderung ( z.B. Taxi Krankenwagen, Bus)
- Kraftfahrrelevante körperliche oder geistig-seelische Einschränkungen (z.B. starke Sehstörungen, schwere psychische Erkrankungen)
- u.U. auch mehr als 18 Punkte im Verkehrsregister von Flensburg

b.) Muss man zur Untersuchung?
Niemand muss zur MPU, die Behörde fordert Sie nur dazu auf. Ob sie sich untersuchen lassen oder nicht, ist allein Ihre Entscheidung. Aber ohne die Begutachtung werden Sie Ihren Führerschein nicht bekommen.
Die Gutachtensaufforderung kann nicht mit gerichtlichen Mitteln angefochten werden. Der Grund dafür ist, dass man nur aufgefordert wird (es liegt also kein belastender Verwaltungsakt vor).
Um dies zu verstehen, muss man die Situation rechtlich betrachten.
Als Sie das erste Mal den Führerschein beantragt haben, lag der Behörde nichts gegen Sie vor. Die Behörde hatte keinen Anhaltspunkt warum man Ihnen den Führerschein nicht geben sollte (= Eignungsvermutung).
Jetzt kennt die Behörde aber einen oder mehrere Vorfälle, warum man Ihnen besser keine Fahrerlaubnis geben sollte. Sie müssen der Behörde beweisen, dass Sie doch geeignet sind. Es findet eine sog. Beweislastumkehr statt. Die Behörde bietet Ihnen an diese Zweifel mit Hilfe der MPU auszuräumen. Dies ist der Grund, warum Sie sich selber um die MPU kümmern müssen

c) Wo kann man eine MPU machen?
Träger der Begutachtungsstellen für Fahreignung sind vorwiegend der TÜV und die DEKRA. Inzwischen gibt es auch amtlich zugelassene freie Träger. Zu welcher Untersuchungsstelle Sie gehen, ist Ihre Entscheidung. Sie muss in Deutschland liegen und amtlich anerkannt sein. Zwischen den Stellen bestehen keine großen Unterschiede.

d) Wieviel Zeit muss ich für eine MPU einplanen?
Zuerst müssen Sie bedenken, dass einige Wochen vergehen, bis Sie endlich einen Termin zur MPU bekommen, denn die Untersuchungsstellen sind meist überlastet. Wenn Sie dann bei der Untersuchung waren,( diese dauert einige Stunden), müssen Sie wieder einige Zeit warten (ca. 2 Wochen) bis Sie das Untersuchungsergebnis erhalten. Wenn der Gutachter beschließt, dass Sie vor der Führerscheinerteilung noch einen Nachschulungskurs (ca. 4 Wochen) besuchen müssen, sind nochmals ein paar Wochen verstrichen, bis Sie der Behörde Ihre Eignung nachweisen können. Es ist daher wichtig, dass Sie sich früh um einen Termin bemühen.

e) Was kostet eine MPU?
Zur Zeit entstehen Kosten um ca. 500 ¤.

f) Soll ich zum Vorbereitungskurs?
Als Erstes muss man sich immer vor Augen halten, dass jede MPU-Stelle Seminare anbieten kann. Man sollte daher immer sehr misstrauisch bei der Suche sein. Es gibt Kurs von ehemaligen Mitarbeitern von Untersuchungsstellen, aber auch völlig unqualifizierte.
Ob ein Seminar hilfreich ist, kann man nicht generell sagen, aber bei vielen ist ein Erfolg fraglich.

2. MPU bei Trunkenheitsfahrten bzw. bei Fahrten unter Drogenkonsum

Die Verwaltungsbehörde teilt schriftlich mit, dass wegen der Trunkenheitsfahrt Zweifel an Ihrer Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges bestehen. Der Führerschein wird deswegen nicht nach Ablauf der Sperrfrist erteilt. Bevor die Erlaubnis wiedererteilt wird, müssen diese Zweifel beseitigt werden. Dies ist durch die MPU möglich.

3. Wie setzt sich eine MPU zusammen?

Eine MPU besteht aus vier Teilen:
a) Fragebögen
b) psychologischer Leistungstest
c) medizinische Untersuchung
d) psychologisches Untersuchungsgespräch

zu a) Fragebögen
Sie bekommen einen medizinischen und einen psychologischen Fragebogen.
Wieviel Einfluss diese auf das Ergebnis haben, kann man nicht sagen; das hängt vom Gutachter ab. Manche überfliegen sie nur, andere arbeiten sie akribisch durch.
Bei den Fragebögen sollten Sie nicht lügen, denn oft wird im späteren Gespräch nachgefragt und wenn man nicht mehr genau weiß was man angegeben hat. Insbesondere bei Medikamenten sollten Sie peinlich genau die Wahrheit sagen, nicht dass diese der Grund für ungewöhnliche Werte bei der medizinischen Untersuchung sind.

zu b.) Psychologischer Leistungstest
Fragen Sie nach, wenn Sie etwas nicht verstanden haben, und lassen Sie sich den Test erklären. Falls Sie farbenblind sind, weisen Sie darauf hin. Auch Probleme mit dem Gehör können sich negativ auf den Test auswirken. Sagen Sie deshalb, wenn Sie durch irgendetwas eingeschränkt werden.
Beachten Sie aber: Wenn Sie durch diesen Test fallen, können Sie sich noch einen Fahrtest machen, dieser entspricht der praktischen Führerscheinprüfung. Er ersetzt dann diesen Teil.

zu c.) Medizinische Untersuchung
Diese fällt in der Regel nicht so gründlich aus, wie erwartet. Grundsätzlich nimmt man immer eine Blutprobe und kontrolliert die Leberwerte. Entdeckt aber der Arzt irgendwelche Anhaltspunkte die gegen eine Fahrtauglichkeit sprechen, wird er genauer untersuchen. Es versteht sich von selbst, dass Sie bei der Untersuchung ohne Restalkohol erscheinen.

zu d.) psychologisches Untersuchungsgespräch
Hier liegt der Schwerpunkt der MPU. Versuchen Sie möglichst Ausreden zu vermeiden, wie z.B.: das war nur ein Ausrutscher, früher habe ich viel getrunken, seit dem Unfall nichts mehr, war kein Problem. Erzählen Sie lieber die Wahrheit, die Ausreden kennt der Gutachter ganz genau. Es ist glaubwürdiger, wenn man Probleme hatte und diese bewältigt hat, zuzugeben, dass das nicht ganz einfach war.
Erschrecken Sie nicht, wenn der Gutachter alles aufschreibt, diktiert oder in den PC eingibt. Es dient ihm später als Gedächtnisstütze.
Bedenken Sie, dass der Gutachter gut vorbereitet ist und schon viele Informationen über Sie hat. Welche das genau sind hängt einerseits von Ihrer Akte bei der Behörde und andererseits von Gutachter selber ab. Manche fordern sämtliche Unterlagen an, andere warten ab was Sie von der Behörde erhalten. Sehr oft wird der Gutachter Ihre sog. Verkehrssünderkartei kennen und auch die Akte nach einem Verkehrsunfall.
Grundsätzlich gilt Taten: die 10 Jahre oder mehr zurückliegen, dürfen nicht mehr herangezogen werden.

4. Welche Entscheidungsmöglichkeiten hat der Gutachter?

a) positives Gutachten
Der Gutachter ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die von der Verwaltungsbehörde vermuteten Eignungsmängel nicht bestehen. Dies bedeutet, der Führerschein kann erteilt werden.

b) negatives Gutachten
Der Gutachter entscheidet, dass die Eignungsbedenken der Verwaltungsbehörde nicht ausgeräumt werden können. In diesem Fall wird die Fahrerlaubnis nicht erteilt

c.) Kurszuweisung
Der Gutachter geht davon aus, dass zum Zeitpunkt der Begutachtung die Eignungsbedenken bestehen, glaubt aber, dass sich diese Mängel im Rahmen eines Nachschulungskurses für alkoholauffällige Kraftfahrer beseitigen lassen. Es muss also zuerst ein Nachschulungskurs besucht werden, bevor die Fahrerlaubnis wieder erteilt wird. Dies kostet Geld und Zeit.
Nachschulungskurse bietet z.B. der TÜV an

d )Positives Gutachten mit Nachuntersuchung
Hier müssen Sie nach ca. 12 Monaten zu einer neuen MPU. Dies kann negativ ausfallen.
Diese Entscheidungsalternative kommt in der Praxis selten vor.

5. Tipps

a) Bereiten Sie sich vor
Natürlich kann man sich nicht an alles erinnern. Überlegen Sie sich vor der MPU Ihren Lebenslauf. Seien Sie dabei möglichst penibel, es hinterlässt einfach einen besseren Eindruck, wenn man nicht bei jeder Frage nachdenken muss. Gehen Sie zuvor auch Ihre Krankengeschichte durch, gerade hier vergisst man oft die Hälfte.

b) Lassen Sie sich dass Gutachten nach Hause schicken und nicht an die Behörde
Da Sie das Gutachten in Auftrag geben und auch bezahlen, ist es Ihr Eigentum. Sie entscheiden also, wer es zu sehen bekommt und wer nicht. Da Sie den Inhalt des Gutachtens nicht kennen, ist es nicht sinnvoll, ihn der Behörde sofort zu offenbaren. Ein positives Gutachten können Sie schnell weiter zu leiten, ein negatives Gutachten brauchen Sie aber nicht weiterleiten. Bedenken Sie, dass dieses Gutachten in Ihrer Akte aufgehoben wird und u.U. bei einer erneuten MPU dem Gutachter vorliegt. Werfen Sie ein negatives Gutachten aber auch nicht weg, vielleicht stellt es für Sie Vorteilhaftes fest, z.B. dass Sie auf dem richtigen Weg sind, aber noch nicht klar ist, ob Sie wieder rückfällig werden.

c) Sie haben Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache
Überlegen Sie und fragen Sie bei der Untersuchungsstelle nach, ob Sie einen Dolmetscher mitbringen sollen. Wenn nämlich wegen Sprachschwierigkeiten eine Unterhaltung nicht möglich ist oder der Fragebogen nicht ausgefüllt werden kann, kann dies dazu führen, dass man Sie heimschickt, weil eine Begutachtung nicht möglich ist oder das Testergebnis verfälscht wird.
Sie müssen aber einen professionellen Dolmetscher mitbringen, einen Freund oder Bekannten wird die Untersuchungsstelle nicht akzeptieren.

d) Leberwerte
Lassen Sie Ihre Leberwerte vor der MPU von Ihrem Hausarzt untersuchen und erklären Sie Ihm, wozu Sie die Ergebnisse brauchen. Fragen Sie nach, ob Ihre Werte normal sind, wenn nicht, lassen Sie sich beraten, wie Sie das ändern können.
Bei schlechten Werten sollten Sie Ihren Termin bei der Untersuchungsstelle verlegen lassen. Eine Verbesserung der Werte ist ein Indiz, dass Sie Ihr Leben geändert haben. Normale Werte sind aber kein Beweis, dass kein Alkoholmissbrauch vorliegt.
Gehen Sie nur zur MPU wenn die Werte normal sind.

Für weitere Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung:

KANZLEI KESLAR & KOLLEGEN

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